Ok, dieser Beitrag ist etwas länger, aber das Thema liegt mir sehr am Herzen.
Wir alle spüren die gegenwärtige Krise und machen uns Sorgen um die Zukunft. Leicht verfallen wir in dieser Situation in Stress, Angst, Hilflosigkeit und vielleicht sogar Depression. Aber können wir auch in der Krise glücklich sein und daraus Kraft schöpfen?
Das Leben unterliegt ununterbrochen Veränderungen. Im Normalfall passen wir uns laufend und quasi automatisch an diese Veränderungen an. Aber manchmal spitzen sich diese Veränderungen drastisch zu. Es kann sein, dass sich laufende Veränderungen zu schnell anhäufen, dass eine einzelne Veränderung zu gewaltig ist, oder dass der innerlich aufgebaute Druck psychisch keine weitere Veränderung verkraftet. Dann finden wir uns in einer Krise. In der Krise fühlen wir uns von der Situation überfordert. Und die mit der Krise verbundene Veränderung erzeugt Unsicherheit. Das Ergebnis ist Angst.
Im Lauf der Evolution hat der menschliche Körper das Gefühl von Angst entwickelt, um uns zu motivieren auf die Realität zu reagieren. Diese gesunde Reaktion ist als Stress bekannt und aktiviert uns körperlich ebenso wie mental. Der Zweck von Stress ist Energien freizusetzen, die für die Bewältigung von Veränderungen notwendig sind. Das sind die bekannten fight-flight (Flucht-Kampf) Reaktionen. Die kontinuierliche Aufeinanderfolge von Stress/Bewältigungs-Situationen resultiert in Adaption und Wachstum. Dieser natürliche Prozess ist die Basis der Evolution ebenso wie von individueller Persönlichkeitsentwicklung. Widerstand gegen Veränderungen hingegen, resultiert in Krankheit in Körper, Geist und Seele.
Im Idealfall befähigen uns die, durch Stress freigesetzten, Energien, aktiv mit Veränderungen umzugehen: die Veränderung als Realität zu akzeptieren und sodann Entscheidungen zu treffen und diese umzusetzen. Im weniger idealen Fall überwältigt uns der Stress und wir befinden uns in einer Krise. Im schlimmsten Fall reagieren wir auf die Krise mit Hilflosigkeit. Anstatt aktiv mit der Veränderung umzugehen, verfallen wir in Passivität. Wir beschränken uns auf das Beklagen der Situation und hoffen, dass alles wieder normal wird. Im Ergebnis versäumen wir es, die erforderlichen Handlungen zur Bewältigung der Krise zu setzen und lassen die Gelegenheit zu wachsen ungenutzt. Die als negativ empfundenen Veränderungen wirken sich noch stärker aus und notwendige Impulse für eine, subjektiv empfunden, gute Zukunft bleiben aus.
Was ist der Unterschied zwischen positivem (aktivierendem) Stress und negativem (passivierendem) Stress? Zunächst einmal objektive Umstände, wie die Schwere der Krise. Aber in viel größerem Mass entscheidend ist die innere Einstellung zu der Krise: nämlich unsere Erwartungshaltung an die Veränderungen und die persönliche Einschätzung, ob man der Herausforderung gewachsen ist, oder überfordert und hilflos. Vereinfacht gesagt, Optimismus oder Pessimismus.
Die aktuelle Glücksforschung zeigt, dass nichts das persönliche Glück und Wohlbefinden stärker fördert als Optimismus. Pessimismus hingegen begünstigt Unglück und Unwohlsein, unter Umständen sogar Depression. Umgekehrt sind Glück und Wohlbefinden eine Hauptquelle für Optimismus und Kraft um mit Krisen umzugehen. Weiters stärken Optimismus und Glück psychische Resilienz und das Immunsystem.
Leider neigen wir in unserer Gesellschaft dazu, viele Errungenschaften als selbstverständlich hinzunehmen: Wohlstand und Konsum, Freiheiten, Sicherheit und Frieden. Alles was uns in dieser Komfortzone bestärkt, wird als normal angesehen. Hingegen wird jede Veränderung, die uns in dieser Komfortzone stört, als negative Veränderung und schnell als grosse Krise betrachtet.
Wir befinden uns in einer Krise, in einer Zeit massiver Veränderungen. Unsere Welt verändert sich nachhaltig: Konsum und materieller Wohlstand werden zurückgehen, Freiheiten, Sicherheit und Frieden sind plötzlich nicht mehr so selbstverständlich.
Es liegt an uns, wie wir diese Krise nutzen. Mit welcher Einstellung begegnen wir den Veränderungen, auf gesellschaftlicher ebenso wie auf persönlicher Ebene? Trauern wir den guten Zeiten nach, ängstigen wir uns vor der Zukunft und versinken wir in Hilflosigkeit und Passivität? Oder sehen wir die Veränderungen als Herausforderungen, denen wir gewachsen sind? Die wir aktiv und mit Optimismus bewältigen!
Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt mit einem Sozialsystem, dass uns im Notfall auffängt. Der Wohlstand, in dem die meisten von leben, lässt materielle Einschränkung zu, ohne unsere Existenz zu gefährden. Von diesem Sicherheitspolster aus, begegnen wir den Veränderungen mit Optimismus: als Herausforderung, welcher wir gewachsen sind und als Chance zum Wachstum!
Die gegenwärtige Ausgangsperre ist eine Gelegenheit für Selbstpflege, sich wichtige Dinge bewusst zu machen und in Ruhe Kraft zu tanken. Die Kinder müssen zu Hause bleiben. Nutzen wir diese Chance, uns mehr auf die Familie zu besinnen und mehr Verantwortung für die Erziehung zu übernehmen. In Zukunft werden wir weniger konsumieren. Schauen wir dafür mehr auf Qualität, schätzen die Dinge mehr und produzieren wir weniger Müll. Verzichten wir auf billige Massenprodukte aus China, bauen wir auf eine regionale Wirtschaft und stärken wir unsere Gemeinschaft. Anstatt sinnloser Reizüberflutung durch social media, nutzen wir diese jetzt, um uns mit für uns wichtigen Menschen zu verbinden. Pflegen wir diese Beziehungen auch in Zukunft. In der Krise sind wir zusammengerückt und unterstützen uns gegenseitig, hoffentlich bleibt das so. Home office und e-learning sind plötzlich das Gebot der Stunde: eine Gelegenheit für Innovation, Neues zu lernen und der Wirtschaft neue Dynamik zu verleihen. Freiheiten, Sicherheit und Frieden sind nicht mehr selbstverständlich. Übernehmen wir Verantwortung und setzten wir uns selbst dafür ein. Ich bin sicher, Ihnen fällt noch mehr ein. Messen wir Wohlstand wieder vermehrt in Qualität: von Produkten, menschlichen Beziehungen, sozialen Zusammenhalt, gesundender Umwelt und Freude an den einfachen Dingen. Weniger ist oft mehr.
Mit gesunder Einstellung können Sie auch in der Krise glücklich sein: Akzeptieren Sie die Veränderungen, passen Sie Ihre Erwartungen an und begegnen Sie den Herausforderungen mit Optimismus. Heißen Sie das Neue willkommen!