Positive Psychology, Teil III

Selbst-Verantwortung und Das Gute Leben

Äußere Umstande (Job, Gesundheit, etc.) beeinflussen unser Glücklich-Sein nur in sehr geringem Ausmass. Einen weitaus größeren Einfluss haben unsere Einstellung, unsere Gedanken und unser Verhalten, all diese können wir bewusst gestalten (1). Hier setzt die Positive Psychologie mit Coaching und Training an. Einen grossen Einfluss haben auch unsere Gene, aber auch hier bietet das neue Forschungsgebiet der Epi-Genetik zunehmend effektive Lösungsansätze an, die auf Verhaltensänderungen basieren.

Ein ganz wesentliches Element des Glücklich-Seins (Wohlbefinden/Lebenszufriedenheit) ist ein positiver Ausblick auf das Leben, d.h. Optimismus. Mit seiner Arbeit über erlernte Hilflosigkeit (2) und erlernbarem Optimismus (3) schuf Seligman die Grundlagen der Positiven Psychologie. Dabei ist wesentlich zu verstehen, dass Optimismus nicht bedeutet, das Glücklich-Sein in die Zukunft zu verschieben, auf einen Zeitpunkt an dem alles besser ist oder bestimmte Wünsche in Erfüllung gehen. Optimismus bedeutet Glücklich-Sein im gegenwärtigen Moment in dem Vertrauen, dass das Leben „gut“ ist und auch in Zukunft „gut“ sein wird. Dies basiert einerseits auf einem Ur-Vertrauen in das Leben und die Menschen, aber auch auf dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten das Leben „gut“ zu gestalten. Diese Selbst-Wirksamkeit und Optimismus sind erlernbar.

Allerdings darf Optimismus nicht mit Träumen von einer besseren Realität verwechselt werden. Gesunder Optimismus baut auf dem bewussten Auseinandersetzen mit der tatsächlichen Realität auf. Glücklich-Sein bedeutet die gegenwärtige Realität anzunehmen und (mangels Alternativen) als „gut“ anzunehmen; gleichzeitig aber in Selbst-Wirksamkeit die erforderlichen Aktionen zu setzen um die Zukunft selbst zu gestalten. Dieser selbst-wirksame Umgang mit der Realität setzt Bewusstsein für die äußeren Umstande, aber auch für die eigenen Reaktionen und Verhaltensmuster voraus. Der Schlüssel zu Bewusstsein ist Achtsamkeit. Bewusstseins-/Achtsamkeits-Training ist meist die Grundlage für weitere Interventionen und Verhaltensänderungen.

„Der Weg ist das Ziel“ in der Praxis der Positiven Psychologie. Dieser Weg ist „das gute Leben“ zu führen. Glück und Wohlbefinden sind keine Ziele, auf die man hinarbeitet und sodann dauerhaft erreicht hat. Sondern diese sind dynamische Qualitäten, die man im Umgang mit sich selbst und mit anderen täglich neu und langfristig aufbaut. Dies geschieht durch Modifikationen mentaler Prozesse ebenso wie Verhaltensweisen. Dankbarkeit, Freude, soziale Beziehungen, Achtsamkeit und Engagement, aber auch Bewegung und Ernährung sind nur einige der wesentlichen Aspekte auf dem Weg des guten Lebens. Es sind die Qualitäten dieser Gewohnheiten, die das Aufblühen bewirken und langfristig Glück, Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit fördern. In diesem Sinne bietet die Positive Psychologie kein Versprechen der schnellen, mühelosen Befreiung von Problemen, sondern einen langfristigen, aber effektiven Weg zu anhaltendem Glücklich-Sein.

„Das Gute Leben“ basiert auf einem ganzheitlichen Menschenbild, wie es heute auch in der modernen Wissenschaft gesehen wird. Psychische und körperliche Vorgänge und Gesundheit sind eng miteinander verbunden. Stress, z.B., ist als mitverantwortlich für viele chronische Krankheiten anerkannt. Dies zeigt deutlich wie intensiv das Wechselspiel zwischen Psyche und Körper ist. Die Empfehlungen für „das gute Leben“ setzen daher nicht nur auf psychische Aspekte, sondern auch auf körperliche, wie z.B. Ernährung, Bewegung und Lebensrhythmus (Chronobiologie). Idealerweise werden diese Empfehlungen auf den einzelnen Menschen und seine Situation individuell abgestimmt.

Aus dem bisher gesagtem wird deutlich, dass Selbst-Verantwortung die wichtigste Voraussetzung für Glück (Wohlbefinden/Lebenszufriedenheit) ist. Der Mensch ist selbst für seine Lebensqualität verantwortlich. Er ist nicht Opfer seiner Gene und Kindheitsentwicklung, sondern er hat es in jeder Lebensphase in der Hand, seine psychische, ebenso wie körperliche, Gesundheit selbst massgeblich zu beeinflussen. Die Positive Psychologie, ebenso wie die moderne, präventive Medizin bieten wissenschaftlich fundierte und wirkungsvolle Methoden für Glück und Gesundheit. Ärzte, Psychotherapeuten, Psychologen und Coaches können Menschen effektive Anleitungen bieten, aber umsetzen muss jeder einzelne „das gute Leben“ selbst. Und diese Umsetzung erfordert doch einen gewissen Einsatz als Investition in das eigene Glücklich-Sein. „Von nix kommt nix“ hatte schon meine Grossmutter immer gesagt.

(1) Lyubomirsky, S. (2008). The how of happiness: A scientific approach to getting the life you want. New York: Penguin Press.
(2) Seligman, S. (1975). Helplessness. On Depression, Development and Death. San Francisco: Freeman and Comp.
(3) Seligman, M. (1990). Learned Optimism. New York: Knopf.

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